Hartpenning muckt auf e.V. hat im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zum BVWP 2030 Stellung bezogen. Wir möchten uns auch gleichzeitig bei allen Mitgliedern bedanken, welche ebenfalls einen Stellungnahme abgegeben haben.
Folgende Stellungnahme wurde erarbeitet und fristgerecht eingereicht:
Einzelprojekt(e) im Bereich des Verkehrsträgers Straße in Bayern, Rheinland-Pfalz und im Saarland
Sehr geehrte Damen & Herren,
Hartpenning muckt auf e.V. bestehend seit 2014, mit derzeit mehr als 160 Mitgliedern, gibt zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung die folgende Stellungnahme ab. Unsere Stellungnahme bezieht sich dabei sowohl auf den Plan als Ganzes, als auch auf einzelne Projekte aus der Region;
• Eine schnellere und bessere Anbindung von Bad Tölz (MZ) und Lenggries (UZ) an die Autobahnausfahrt Holzkirchen (A8) (B013-G090-BY) mit den Teilprojekten
– Ortsumfahrung Holzkirchen (B013-G090-BY-T02-BY)
– Ortsumfahrung Großhartpenning (B013-G090-BY-T03-BY)
– Ortsumfahrung Kurzenberg (B013-G090-BYT04-BY)
1.) Falsche Kosten der Projekte im BVWP 2030
Der Bundesrechnungshof hat das Bundesverkehrsministerium kritisiert, dass bei der Erstellung des Bundeverkehrswegeplans 2030 mit unrealistischen Kostenschätzungen gearbeitet wurde. Eine ebensolche Kritik wurde von Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) geäußert. Diese Einschätzung teilen wir. Die Kosten-Nutzen-Analyse der einzelnen Projekte ist nicht plausibel und Kostensteigerungen werden unterschätzt. Infolgedessen ist es unrealistisch, anzunehmen, dass alle Projekte, die in dem „vordringlichen Bedarf“ eingestuft wurden, auch tatsächlich zu den geplanten Kosten gebaut bzw. realisiert werden können.
2.) Unverantwortlicher Flächenverbrauch
Allein in der Gemeinde Holzkirchen würden durch den Bau der drei Ortsumfahrungen um Holzkirchen, Großhartpenning und Kurzenberg mehr als 20 ha landwirtschaftlich genutzte Flächen verloren gehen. Wir können und wollen diesem verschwenderischen Umgang mit der Ressource Boden nicht tatenlos zusehen und werden massiven Widerstand leisten.
Die Umsetzung der drei Teilprojekte in der Gemeinde Holzkirchen würde nicht nur das Verkehrsaufkommen erhöhen, sondern zudem auch den Ausstoß von C0² um mehr als 1.500 Tonnen pro Jahr erhöhen. Diese Form der Belastung wird durch den zusätzlichen Ausstoß der Schadstoffemissionen bei Stickoxiden, Kohlenmonoxid, Feinstaub und weiteren Schadstoffen verstärkt. Der BVWP 2030 widerspricht somit den Zielen des Umweltschutzes, der Erhaltung der Natur und des Klimaschutzes.
3.) Datengrundlage des BVWP 2030
Am Beispiel der analysierten Daten, welche für die Bewertung des Gesamtprojektes der Verbindung von Bad Tölz und Lenggries zur Autobahn A8 bei Holzkirchen herangezogen wurden, wird deutlich, dass die genutzten Daten für Verkehrsströme falsch berechnet oder von übergeordnetem Interesse beeinflusst sind.
Der Entwurf zum BVWP 2030 geht davon aus, dass ohne den Bau der Projekte in der Gemeinde Holzkirchen am Ortsausgang in Richtung Bad Tölz täglich 12.000 Kraftfahrzeuge fahren (Bezugsfall), nach dem Bau der Projekte jedoch nur noch 3.000 Kraftfahrzeuge (Planfall). Darin liegt die Annahme, dass etwa 75% der Kraftfahrzeuge am Ortsausgang Holzkirchens als Durchgangsverkehr eingestuft wurden.
Laut den aktuellen Messwerten welche durch das Ingenieurbüro Kaulen erfasst wurden, sind an dieser Stelle jedoch lediglich 55% der erfassten Kraftfahrzeuge Durchgangsverkehr. Rechnerisch betrachtet ist das eine Differenz von 20% oder 1.200 Fahrzeugen. Dazu bewegt sich in dem sehr detaillierten Gutachten ca. ein Drittel also 2.200 der Fahrzeuge dieses Durchgangsverkehrs auf der bisherigen B13 weiter von Holzkirchen in Richtung Otterfing/ Sauerlach. Diese Entlastung von 3.400 Fahrzeugen muss bei der Kalkulation der Wirtschaftlichkeit zusätzlich vom mageren Ergebnis abgezogen werden. Das geplante in Kauf nehmen von Umwegen dieses Verkehrsstroms über die geplante Ortumfahrung von Holzkirchen auf die B318 und im weiteren Verlauf auf die Kreisstraße MB09 wird sicherlich nicht als ökologisch vertretbar angesehen. 2.200 Fahrzeuge welche bidirektional so einen Umweg von 5 km in Kauf nehmen ergeben Emissionen von täglich 22.000 gefahrenen km!
Der BVWP 2030 beruht hier auf fragwürdigen Zahlen und überschätzt deshalb den Nutzen der geplanten Straßen.
4.) Zergliederung von Teilabschnitten versus Gesamt-Alternative zur alten Trasse
Eine Zusammenfassung mehrere Teilprojekte zu einem Gesamtprojekt sehen wir als problematisch an. Am Beispiel der in 3 Teilprojekte unterteilten Anbindung von Bad Tölz an die A8 lässt sich das deutlich zeigen. Das Hauptprojekt Ortsumfahrung Holzkirchen wurde in den vordringlichen Bedarf aufgenommen, die Ortsumfahrungen für Großhartpenning und Kurzenberg lediglich in den weiteren Bedarf mit Planungsrecht eingestuft. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Teilabschnitte des weiteren Bedarfs, wenn überhaupt erst zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden können. Hier werden unbewusst oder gewollt Fakten eines Gesamtprojektes für Teilstücke dargelegt und dieses führt zu einem falschen Kosten-Nutzen Verhältnis. Ohne den Bau der letztgenannten Bauabschnitte, müsste ein erheblicher Zuwachs an Durchgangsverkehr in den Ortsteilen Großhartpenning und Kurzenberg eingerechnet werden, der die Wirtschaftlichkeit des alleinig realisierten Bauprojekts ins Negative umkehren wird.
5.) Ortsteile Großhartpenning und Kurzenberg großer Gefahr ausgesetzt
Beim Bau des im vordringlichen Bedarf stehenden Teilstücks (Ortsumfahrung Holzkirchen) und einer Nichtberücksichtigung der beiden Teilstücke um Großhartpenning und Kurzenberg wird die Verkehrsbelastung in den Ortsteilen Großhartpenning und Kurzenberg massiv zunehmen. In den beiden Ortsteilen ist hier mit massivem Wiederstand zu rechnen. Der Verein Hartpenning muckt auf e.V. kündigt in diesem Falle bereits Messungen bezüglich Lärmbelästigung und Feinstaubbelastung an. Der Marktgemeindeverwaltung liegen sowohl von Hartpenning muckt auf e.V. (Initiator einer Verkehrszählung durch den kommunalen Zweckverband Bad Tölz, und einreichen eines Verkehrsgutachtens) als auch angekündigt durch das Ingenieurbüro Kaulen verschiedene Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in Großhartpenning vor. Innerhalb der Ortsdurchfahrt in Großhartpenning bestehen bereits jetzt zahlreiche Gefahrenpunkte, die durch eine Zunahme an Verkehr noch weiter verstärkt würden. So mangelt es an Querungshilfen, einem durchgehenden Gehweg entlang der B13 und zudem weißt die B13 an manchen Stellen nicht die für eine Bundesstraße vorgegebene Mindestbreite. Bei einer deutlichen Zunahme des Verkehrs durch den Bau der Südumfahrung Holzkirchens muss davon ausgegangen werden, dass die Bewohner von Großhartpenning und Kurzenberg bewusst einer Gefahrensteigerung und Emissionssteigerung ausgesetzt werden.
6.) Unwiederbringliche Zerstörung von Natur und Lebensraum
Die negativen Auswirkungen auf Naherholung, Landwirtschaft, sogar auf Existenzen sind signifikant und wurden anscheinend willkürlich berechnet und nicht in Ihrer kompletten und überdauernden Zerstörungswirkung berücksichtigt. Im gesamten bayerischen Oberland gibt es z.B. kein vergleichbares zusammenhängendes Gebiet, das zum einen für Vogelarten wie dem Roten Milan und dem Schwarzer Milan als Lebensraum so wichtig ist und darüber hinaus zahlreichen anderen Tier- und Pflanzenarten eine Lebensgrundlage bietet. Zum anderen liegt im Gebiet der Trassenführung ein einmaliges eiszeitliches Geotop vor. Sei es die Verbindung mit den benachbarten Katastergeotopen Kaltenbachquelle, Teufelsgraben, Kirchseebachschwinde, Hackensee als Gletschertor oder die Nagelflurfelsen am Hackenseeweg und dem Asberg einer geglätteten Riss-Endmoräne, diese geologischen Zeitzeugen sind von hohen Erhaltenswert, zumal diese Konstellationen einmalig sind.
7.) Im Entwurf für den BVWP 2030 wurden Alternativen zum Aus- und Neubau von Straßen kaum oder nicht ausreichend geprüft. Leider wird bis 2030 der Fokus planerischen Handelns zu sehr auf das Verkehrsmittel Auto gesetzt. Ein prinzipielles, nachhaltiges Umdenken zugunsten anderer Verkehrsmittel ist hierbei leider nicht zu erkennen. Eine sinnvolle Zukunft liegt dagegen im Ausbau des ÖPNV, einer konsequenten Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, der Förderung der Elektromobilität, Car-Sharing usw.. Die Lösung der Verkehrsprobleme liegt nicht in einer weiteren Schnellstraße, damit die Orte Bad Tölz und Lenggries schneller auf die Autobahn kommen. Wirksamer wäre hier eine verbesserte Zugverbindung von Bad Tölz nach München, eine höhere Taktung und eine kürzere Reisezeit. Die Ausweitung des Münchener Verkehrsverbunds MVV auf Ortsteile von Holzkirchen und Bad Tölz, würde auch wirtschaftlich für die Reisenden die Attraktivität des ÖPNV erhöhen. Durch diese Maßnahmen würde eine hohe Anzahl an Pendlern, welche derzeit von Holzkirchener Ortsteilen und Bad Tölz nach Holzkirchen mit dem PKW fahren und dort in den ÖPNV steigen bereits dezentral abfangen. Diese Maßnahmen würden zu einer signifikanten Entlastung der B13 führen, und die Wirtschaftlichkeit der geplanten Baumaßnahmen abermals verringern.
Aus der Vernachlässigung der Schiene und dem Fokus auf die Straße, der sich durch den Plan zieht, folgt ein eklatanter Mangel bei der Prüfung von echten Alternativen.
Der Ausbau der Bahnverbindungen ist eine sinnvolle Alternative zu den Straßenbauprojekten rund um Holzkirchen und bietet zudem eine Nachhaltigkeit, welche mit einer Straße nicht geschaffen wird.
8.) Wirtschaftlicher Nutzen
Es sind laut Plan auf den zukünftigen Ortsumfahrungen um Kurzenberg, Großhartpenning und Holzkirchen 88% der Kraftfahrzeuge aus privaten Gründen unterwegs. Diese sparen sich durch den Bau von allen vier Trassen ca. 6 Minuten pro Fahrt auf der Strecke. Mehr als ein Sechstel der Einzelreisezeitgewinne liegt dabei unter einer Minute. Rechnet man nur diese Zeitgewinne unter einer Minute aus dem Nutzen der neuen Straße heraus, fällt das Kosten-Nutzen Verhältnis von 3,8 auf 3,4. Es ist dabei anzunehmen das Zeitgewinne bei Privatfahrten unter 5 Minuten nicht wahrgenommen werden. Die Kosten-Nutzen-Analyse steht so auf einem sehr wackeligen Fundament.
Mit freundlichen Grüßen
Vorstand Hartpenning muckt auf e.V.
Markus Hoppmann 1. Vorstand
Max Steinbacher 2. Vorstand
Karsten Hense 3. Vorstand