Holzkirchen: Verkehr lässt sich nur regional lösen
Runder Tisch in Holzkirchen
Verkehr lässt sich nur regional lösen
Holzkirchen – Das Navi würde fordern: Wenn möglich, bitte wenden. Das Kirchturmdenken bei der Lösung von regionalen Verkehrsproblemen hat sich festgefahren. Ein runder Tisch gestern in Holzkirchen zeigte einen Ausweg auf: Wer Verbesserungen will, muss regionale Allianzen schmieden, Prioritäten setzen und bereit sein, Kröten zu schlucken.
Das Thema Verkehr hat der Markt Holzkirchen im Vorjahr an den Hörnern gepackt. Ein Integriertes Mobilitätskonzept soll Lösungen aufzeigen, die mit Bordmitteln umzusetzen sind. Gleichzeitig schwebt eine kontrovers diskutierte Südspange im Raum.
Der Marktgemeinderat Hubert Müller (FWG) hatte sich dazu einen runden Tisch mit Vertretern von Nachbargemeinden und Straßenbehörden gewünscht, um die Chancen überregionaler Verkehrslösungen auszuloten. Im Holzkirchner Rathaus trafen sich gestern der Tölzer Landrat Josef Niedermaier (FWG), Klaus Thurnhuber (FWG) als Dritter Landrat Miesbachs, viele Bürgermeister und Vertreter der Straßenbaubehörden aus Rosenheim, Weilheim und den beiden Landratsämtern.
Konkret ging es um eine „Piesenkamer Trasse“, die alternativ zu einer Südspange eine Verbindung schaffen könnte zwischen B 13 und B 318. Insbesondere Hartpenninger und Waakirchner versprechen sich davon Entlastungen.
Christian Rehm, Leiter des Straßenbauamts Rosenheim, hält eine solche Straße für völlig unrealisitisch. „Die entlastende Wirkung nimmt ab, je weiter eine Straße von Orten entfernt ist“, sagte Rehm. Er vermutet zudem, dass eine solche Trasse bei der Umweltverträglichkeit und bei der Kosten-Nutzen-Rechnung durchfalle. „Es ist nicht davon auszugehen, dass wir vom Bund dafür einen Planungsauftrag bekommen.“ Der Bund setze in der Region Oberland nicht auf großräumige Magistralen, sondern auf Ortsumgehungen.
Viel zu viele davon habe der Freistaat für den neuen Bundesverkehrswegeplan angemeldet, kritisierte der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel (SPD). „Wir brauchen sinnvolle Prioritäten.“ Denkbar sei, die Autofahrer von der A 8 bei Holzkirchen über die B 318 und B 472 in den Isarwinkel zu lotsen – und dafür in Waakirchen eine Umgehung zu bauen.
„Aus meiner Sicht ist es unabdingbar, dass Holzkirchen eine Südspange bekommt“, findet der Tölzer Landrat Niedermaier. Er forderte ein überregionales Verkehrskonzept für den ganzen Großraum München, der bis 2025 um 300 000 Einwohner wachse. Die Zahl der zugelassenen Autos steigt allein in den Landkreisen Miesbach und Bad Tölz-Wolfratshausen schon jetzt jedes Jahr um knapp 3000.
„Und ganz dringend müssen wir über die Oberlandbahn reden“, sagte Niedermaier. Es gelte, hier gemeinsam Verbesserungen einzufordern. „Zweispurigkeit sollte obligatorisch sein.“ Und warum nicht etwa in Warngau einen größeren P & R-Parkplatz einrichten, um die Akzeptanz der BOB zu erhöhen. Wer ernsthaft nach überregionalen Lösungen suche, dem müsse auch klar sein, „dass wir es nicht jedem recht machen können“. Oft genug scheitere guter Wille nicht an Behörden, sondern an Bürgern. „Wir hätten etwa Geld für Radwege, bekommen aber die Grundstücke nicht.“ Klaus Thurnhuber wies darauf hin, „dass wir heute die A 8 sicher nicht mehr bauen könnten“.
Nur regionale Ansätze können moderne Mobilitäts-Probleme lösen, betonte Verkehrsexperte Ralf Kaulen, der derzeit für Holzkirchen ein Konzept entwickelt. „Wer an einem Ort etwas verändert, schiebt das Problem oft nur weiter.“ Und er erinnerte Landkreise und Gemeinden daran, dass sie sehr wohl über eigene Gestaltungsfreiräume verfügen: „Das Thema Busse haben Sie im Griff, da gäb’s kurzfristige Lösungen.“
Der landkreisübergreifende runde Tisch Verkehr soll nicht der letzte gewesen sein, kündigte Holzkirchens Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) an. Beim nächsten Treffen, zu dem er Anfang 2016 einladen will, sollen Vertreter des RVO und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft die Runde bereichern.
Von Andreas Höger